Die Rittner-Bahn - Ein Kleinod auf Meterspur
Heinz-Helmut
Heidenbluth
Seit 1907 rollt auf dem Ritten,
einem Sonnenbalkon der Südalpen, hoch über den Dächern von Bozen, eine
Meterspurbahn.Einst führte sie wie eine Tram vom Waltherplatz im
Herzen der Südtiroler Metropole durch die Straßen, um dann zur Überwindung von
über 900 Metern Höhenunterschied bei einer durchschnittlichen Steigung von 22
Prozent über eine Zahnradstrecke des Systems „Strub“ bergauf zu klettern. Das
geschah mit Hilfe kleiner Lokomotiven, die talseitig gekuppelt waren.Leider
ereignete sich 1964 im Zahnstangenabschnitt ein schwerer Unfall mit vier Toten
und 30 Ver-letzten. 1966 war denn auch das Ende von Stadt- und Steilstrecke
besiegelt.Zurück blieb als Torso die 6,8 km lange Strecke von Maria
Himmelfahrt via Oberbozen nach Kloben-stein, über der fortan das Damoklesschwert
der Stilllegung schwebte. Hatten doch eine moderne Luftseilbahn und eine
leistungsfähige Straße längst das einstige Monopol der Bahn gebrochen.Nun
entspricht es bekanntlich nicht der Mentalität der Südtiroler, Dinge, die für
sie ein Stück ihrer ge-liebten Heimat sind, widerstandslos aufzugeben!1982
feierte die Bahn ihr 75-jähriges Jubiläum. In jenem Jahr wurde das
„Rittnerkomitee“ gegründet, dem es gelang, mit anderen Fürsprechern bei der
Regierung in Rom Mittel für den Erhalt der letzten Alt-Tiroler Schmalspurbahn
südlich des Brenners loszueisen.

Foto (Heinz-Helmut Heidenbluth) Der „Alioth“ hier im
Jahr 1988 kurz vor dem Bahnhof Klobenstein in Südtirol.
Bei unserem ersten Besuch 1988 auf dem Ritten
waren es teilweise noch Ursprungsfahrzeuge aus der Gründerzeit, die den
Planbetrieb absolvierten. Zwei Triebwagen der stillgelegten württembergischen
Straßenbahn Esslingen – Nellingen - Denkendorf warteten auf ihre Aufarbeitung.Genau
drei Jahrzehnte später dient einer von ihnen, selbst schon Pensionär, aber noch
jugendlich wirkend, als Reservist. Von Stilllegung der Bahn ist 2018 keine Rede
mehr. Ein eleganter anthrazit-weinroter Zug schnurrt unter 850 Volt
Fahrdrahtspannung heran, fast fabrikneu wirkt er. Und trotz des nahen
Saisonendes finden wir gerade noch einen Sitzplatz.Irgendwie kommt
mir der Fahrzeugtyp bekannt vor. Und in der Tat: vor über 25 Jahren ist er mir
in seinem ersten Leben im schweizerischen St. Gallen in Diensten der
Trogenerbahn vor die Linse gerollt.Unter den herrlichen historischen
Triebwagen mit Holzaufbau ist für viele der vierachsige „Alioth“, den es von der
1934 stillgelegten Mendelbahn zum Ritten verschlug, der Star. Die gepflegten
Veteranen rollen heute fast überwiegend im Sonderverkehr.Ist schon
allein die kleine Bahn selbst einen Besuch wert, so ist es natürlich auch die
grandiose Landschaft mit ihrem atemberaubenden Dolomitenblick, herrlichen
Bergwiesen, dem Naturwunder Erdpyramiden und vielem mehr. Also auf zum Ritten!
Informationen findet man z.B. unter
www.ritten.com.

Foto (Heinz-Helmut Heidenbluth) Zwischen 2009 und 2017
wurden von den Appenzeller Bahnen (ehemals Trogenerbahn) vier Triebwagen
übernommen. Sie wurden in den 1970er Jahren gebaut und sind damit wesentlich
moderner als der „Alioth“ aus dem Jahr 1910.
zurück zur
Übersicht